Ganzheitlichkeit auf den Punkt gebracht

Soll man nun an die Wirkung von Akupunk­tur­punk­ten glauben oder nicht?

Nein, nicht dran glauben, son­dern nach­spüren oder nachsin­nen, damit spie­len und exper­i­men­tieren: der Punkt Bai­hui z.B. (liegt dort, wo die Schädeldecke in der Mitte leicht eingedellt ist) sei definiert als der höch­ste Punkt am men­schlichen Kör­p­er. Wenn man eine nach vorne gebeugte oder zusam­menge­sack­te Kör­per­hal­tung hat, dann ist diese Delle samt gedachtem Punkt keines­falls die höch­ste Stelle. Macht man aber diesen Punkt für einen Men­schen spür­bar, dann kann er sich so aufricht­en und aufrecht hal­ten, dass dieser Punkt eben (wieder) zum höch­sten wird. Egal, ob man sich dabei denkt, dass er an dem Punkt hochge­zo­gen wird oder ob er einem kleinem Druck ent­ge­gen wächst – alles am Kör­p­er richtet sich intu­itiv dahin, je lock­er­er die gesamte beteiligte Musku­latur desto bess­er. Das ist viel ein­fach­er als einem Men­schen die einzel­nen Glied­massen und Wirbel mit qua­si phys­io­ther­a­peutis­chen Hän­den einzeln zu kor­rigieren. Dieser Punkt beze­ich­net somit eine Ide­al­hal­tung, als die ursprüngliche, eigentlich richtige.

 

Zitat aus dem Film „Les Choristes“,„Die Kinder des Mon­sieur Math­ieu“, um zu zeigen, wie ein (Akupunktur)punkt Ori­en­tierung bieten kann für eine ener­getis­chere Hal­tung (z.B. beim Sin­gen). zum Anse­hen des Filmes über Amazon 

 

Nachzus­püren gilt es demgemäß, in wie weit Brust und Zwer­ch­fell dadurch mehr Spiel­raum bekom­men, als sie es bei ein­er zusam­menge­sack­ten Hal­tung hat­ten. Und welchen Ein­fluss die Atmung auf unseren Energiehaushalt hat, kann sich jed­er denken. Der gesamte vordere Rumpf wird von einem Druck befre­it, der von der Blase bis zum Magen (vielle­icht bis auf die Nieren) alle organ­is­chen Prozesse belastet.

Zu exper­i­men­tieren ist mit der Vorstel­lung, dass durch diesen Punkt auch ein Schw­erkraft­lot geht, welch­es über einen Punkt auf dem mit­tleren Spann und einem gedacht­en Punkt auf dem Fuß­bo­den zwis­chen den Knöcheln geht, wenn man schul­ter­bre­it ste­ht. (Und dann bis zum Erd­mit­telpunkt!)Es zeigt sich, dass so eine Lin­ie bess­er ohne Holkreuz „aufrecht“ zu erhal­ten ist. Die Kopfhal­tung ist recht vari­abel; deswe­gen ist ein Part­ner wie im Clip hil­fre­ich, der Mel­dung gibt, wenn der Bai­hui nicht mehr ganz oben ist. Es zeigt sich, dass bei zu weit nach vorne genick­tem Kopf der Unterkiefer beengt ist, und bei zu weit nach hin­ten geknick­ten Hals die oberen Hal­swirbel samt Musku­latur unbe­weglich wer­den. Und durch diese Stelle gehen alle Ner­ven und die größten Adern.

Den meis­ten von uns wird die „richtige“ Hal­tung allerd­ings unbe­quem vorkom­men. Ein verkrampfter Unterkiefer ist nicht so lock­er, dass er sich in dieser Hal­tung nicht nach unten gepresst anfühlt, die Musku­latur der Wirbel­säule ist bei den an dieser Hal­tung beteiligten Muskeln erschlafft etc. Und ein Hal­tungscoach ste­ht auch nicht ewig neben uns, außer­dem weiß jed­er, wie lang­weilig es ist, der Auf­forderung „sitzt grade“ länger nach zu kom­men. Da hil­ft es unge­mein, wenn man einen erfol­gs­be­gleit­eten Anreiz hat, wie die Musik, die Stimm­bil­dung, bei dem man die Wirkung ein­er ener­getis­chen Hal­tung nicht nur spürt, son­dern auch immer bess­er her­vorzu­rufen lernt – zu einem genussvollen Zweck.

Oft werde ich gefragt, ob Tai­ji nicht das Gle­ichgewicht schult. Das ist wirk­lich ein Neben­ef­fekt. Tai­ji ist ein ständi­ges Arbeit­en mit der Schw­erkraft und mit den Ver­läufen angreifend­er Kräfte im Kör­p­er. Ins­beson­dere die Erd­mit­telpunk­t­snor­male, die durch die Schw­erkraftrich­tung real wird, spielt in diesem Sinne eine Bedeu­tung bei der Vor­bere­itung zur Med­i­ta­tion im Ste­hen. Und bei den weichen schw­erkraft­sen­si­blen Bewe­gun­gen (wir nen­nen das „durch­läs­sig“) ist Kinäs­thetik, genau­so steiger­bar wie in anderen Kün­sten die Ästhetik,  immer wieder genussvolle Richtschnur zu ein­er opti­mierten Haltung.

Und: Tai­ji ist gut für das Sin­gen! Erstaunt das noch jeman­den? Diese Eso­terik immer!
Und Tai­ji und Sin­gen sind bei­de gut für den sozialen Zusam­men­halt! Jet­zt fehlt noch ein Film wie „Die Kinder des Mon­sieur Math­ieu “ mit einem engagierten Taijilehrer!
Bai­hui heißt auf Deutsch: 100 Verbindungen.

 

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