Auswendig lernen und alltäglich wiederholen

In der geschätzten und geliebten deutschen Sprache heißt es nun mal „auswendig lernen“. Viele Deutsche verbinden damit immer noch Drill und Sturheit. Im Englischen heißt es „to learn by heart“.

Hineinschlüpfen

Natürlich könnte man im Deutschen auch sagen: „mit dem Herzen lernen“ oder „von Herzen lernen“ – das heißt dann aber etwas anderes, eher das Gegenteil: so selektiv lernen, dass man sich das Wichtigste mit Lust innerlich angeeignet hat und autokreativ weiterverwenden und abwandeln kann, es mit seinen eigenen Worten und Werten in die eigene Lebensnaration einbauen kann.
„Auswendig lernen“ heißt auch, dass man da etwas außen lässt, das Gedicht von Rilke «Rilkes Gedicht» sein lässt, Wolfs Worte «Wolfs Worte» sein lässt, man schlüpft für einige Momente in ihre Sprache, nimmt seine ganze Konzentration zusammen für ein Sprachspiel mit ganz und gar künstlichen und fixen Rollen, (aber nicht mit alltäglichen).

Nur konzentrativ meditieren!

Über der Sprache steht der Wille zur Konzentration.

Dank ihm können wir auch die Sprachhaltung von anderen Menschen übernehmen, bis in die Atempausen hinein, und ihre Haltung ihre Haltung sein lassen und auch auf s o l c h e Art u n s e r e Art zu sprechen, unsere Sprachhaltung neu erleben, revidieren und qualifizieren.
Wir sind nicht unsere Gedanken, wird sind nicht unser Sprechen, genauso wenig wie wir anderer Leute Gedanken sind, anderer Leute Sprechen, aber wohl kommt der Wille zur Konzentration aus der höchsten Instanz in uns. Und die können wir stärken, wenn wir auswendig lernen üben – immer mal wieder – aber bitte nur mit Lust – damit es auch von Herzen kommt.

Bewußt speziell

Das Gleiche gilt für die Bewegungen alter chinesischer Taijimeister. Nur sind sie ohne Ausdruck, ohne Emotion, überindividuell. Wir erweitern unser Bewegungsrepertoire und finden uns in eine Optimierung einer Bewegungsart ein, die an die Lebensbedingungen in China vor über zwei Jahrhunderten angepasst ist, noch dazu fokussiert auf den ernsten Zweikampf! Also nicht passend für unsere Lebenssituation! Passend für unsere Lebenssituation wäre die Fähigkeit ununterbrochen zu sitzen. Mit Taiji greifen wir uns eine Anpassungsstrategie aus der Geschichte heraus, von der wir meinen, dass sie den menschlichen Bewegungspotentialen am besten Geltung verschafft.

Auswendig
drei Tai-chi-Figuren von siebenunddreißig der alten Yang-Form

Dadurch machen wir uns unabhängiger von der

schicksalhaften, zeitbedingten, panzivilisatorischen, alles in allem fatalistisch stur voranschreitenden Bewegungssubstitution.

Die meditative Bewegung ermöglicht Energiefluss-Wahrnehmung bottom-up. Voraussetzung dafür ist, dass die Bewegung ausgeführt werden können, ohne sie sich jedesmal überlegen zu müssen. Sie kommen von selbst, wenn man sie einmal auswendig kann und weiterhin regelmäßig praktiziert. Wir sind dann eins mit ihnen. Dadurch machen wir uns unabhängiger von der

schicksalhaften, zeitbedingten, panzivilisatorischen, alles in allem fatalistisch stur voranschreitenden Kopfigkeit.

Sich selbstständig bewegen:

Wenn man den Blick nicht vom Lehrer lösen kann, weil man sonst nicht weiter weiß in der Form, dann steht man nicht auf seinen eigenen Füßen und das ist die Basis des Taiji. Die Aufmerksamkeit wackelt hin und her zwischen Lehrer und eigenen Bewegungen. Man soll sich aber auf den Bewegungsfluß aus der Mitte heraus konzentrieren! Schaut man die Bewegungen zu lange vom Lehrer ab, dann übt man geradezu inverse Kinematik: es ist, als würde der Lehrer einem die Hand heben, wenn er seine Hand hebt, sodass der Impuls von der Hand ausgeht, nicht von der Mitte – schlechte Aerobic.

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